Skulptur in Mitteldeutschland

Spätgotik bis Frühbarock

Andreas Gröber (um 1610–1662)

Bild­schnit­zer, geb. um 1610 Ohrdruf/Thüringen, gest. 1662 Osterode/Harz
 
Biogramm

Andreas Gröber, lange Zeit irr­tüm­lich als Andreas Duder über­lie­fert, war ein her­aus­ra­gen­der mit­tel­deut­scher Bild­schnit­zer des Früh­ba­rock. Er erhielt in den 1640er und 50er Jahren bedeu­tende städ­ti­sche und fürst­li­che Auf­träge in Süd­nie­der­sach­sen, ins­be­son­dere in der Harz­re­gion. Vor­nehm­lich han­delte es sich um Kir­chen­aus­stat­tung; archi­va­lisch bekannt sind aller­dings auch eine Reihe von – heute ver­schol­le­nen – Stand­bil­dern für den fürst­li­chen Lust­gar­ten in Celle (1652/53).

Gröber, der evan­ge­lisch getauft war und mit zehn Jahren zum römisch-katholischen Glauben kon­ver­tierte, hatte mög­li­cher­weise fami­liäre Wurzeln in Hei­li­gen­stadt im Eichsfeld, wo er sich 1636 mit Barbara Och­sen­kopf ver­mählte (Born­schein 2016, S. 58–61). Über seinen Aus­bil­dungs­weg ist bislang nichts bekannt. Eine gele­gent­lich ange­nom­mene Ver­bin­dung zur Werk­statt des 1630 ver­stor­be­nen Oster­oder Bild­schnit­zers Zacha­rias König ist archi­va­lisch nicht gesi­chert. Frü­hes­ter Beleg für Gröbers Nie­der­las­sung in Oster­ode ist die Tauf­ein­tra­gung eines Sohnes im Jahr 1639. 1657 erwarb Gröber das Oster­oder Bür­ger­recht und ver­mut­lich im selben Jahr das Haus am Kes­sel­brun­nen, das 1947 abge­ris­sen wurde. Von den drei Söhnen Andreas Gröbers über­nahm der mitt­lere, Johann Andreas Gröber (1643/44–1709), die väter­li­che Werk­statt, die er zunächst in Oster­ode fort­führte, ehe er Mitte der 1670er Jahre nach Hei­li­gen­stadt über­sie­delte und von dort aus zu einem Spe­zia­lis­ten für barocke Monu­men­tal­al­täre in Mit­tel­deutsch­land avancierte.

Das bis­he­rige, auf wenigen archi­va­li­schen Nach­rich­ten und haupt­säch­lich auf stil­kri­ti­schen Zuschrei­bun­gen basie­rende Werk­ver­zeich­nis des Andreas Gröber ist kei­nes­wegs voll­stän­dig. Ein­drück­lich aber zeugen Gröbers Arbei­ten von einer gegen Ende des Drei­ßig­jäh­ri­gen Kriegs ein­set­zen­den Auf­trags­kon­junk­tur und dem damit ein­her­ge­hen­den neuen Auf­schwung mit­tel­deut­scher Bild­schnitz­kunst. Zeit­ty­pisch ist die zum Teil enge Ori­en­tie­rung an gra­phi­schen Vor­la­gen. Gröbers Werk reprä­sen­tiert exem­pla­risch jene Sym­biose von Formen des nie­der­län­di­schen Manie­ris­mus mit früh­ba­ro­cken Ele­men­ten – ins­be­son­dere raf­fi­nier­ten Über­gän­gen vom Tek­to­ni­schen zum Orna­men­ta­len, spielerisch-bewegten Kom­po­si­tio­nen und phan­ta­sie­vol­len Schöp­fun­gen des Knor­pel­werk­stils –, die im deut­schen Orna­ment­stich des frühen 17. Jahr­hun­derts ent­wi­ckelt und in der Plastik sou­ve­rän adap­tiert wurde.

Gröbers Kanzeln und Retabel in Claus­thal, Kat­len­burg, Goslar und Oster­ode gehören auf­grund ihrer Größe und qua­li­täts­vol­len Aus­füh­rung zu den früh­ba­ro­cken Haupt­wer­ken der Harz­re­gion. Es handelt sich um eine iko­no­gra­phisch und formal eng geschlos­sene, dabei im Detail stets vari­ie­rende Werk­gruppe. Ins­be­son­dere die mehr­ge­schos­si­gen, durch geschmückte Säulen geglie­der­ten Altar­auf­bau­ten in Pyra­mi­den­form, deren halb- und voll­plas­ti­sches Bild­pro­gramm von Passion und Auf­er­ste­hung sowie den Evan­ge­lis­ten als Assis­tenz­fi­gu­ren bestimmt ist, setzten Maß­stäbe für die Fol­ge­zeit. Enge formale Abhän­gig­keit weisen etwa der vom Sohn Johann Andreas Gröber 1664 gefer­tigte Kan­zel­al­tar der Pfarr­kir­che St. Lukas in Jer­stedt oder das 1675 ent­stan­dene, Hein­rich Lessen d. Ä. zuge­schrie­bene Retabel der Kirche St. Peter und Paul am Fran­ken­berg in Goslar auf.

Werke

CELLE

  • Stadt­kir­che:
    Orgel­pro­spekt, 1653 (mit Arend Schulze)
  • St. Georg:
    Kanzel und Altar, 1658/59 (Zuschr.)

CLAUSTHAL

  • Markt­kir­che zum Hl. Geist:
    Altar, 1641 (Zuschr.)
    Kanzel, 1642
    Tauf­be­cken, um 1642 (Zuschr.)
    Schnitz­fi­gu­ren des ehem. Orgel­pro­spekts, 1642 (Zuschr.)

GOSLAR

  • Markt­kir­che St. Cosmas und Damian:
    Altar, 1659 (Zuschr.)

KATLENBURG

  • St. Johan­nes:
    Altar und Kanzel (heute Kan­zel­al­tar), 1654/55

OSTERODE

  • Markt­kir­che St. Aegi­dien:
    Altar und Kanzel (heute Kan­zel­al­tar), 1660 (Zuschr.)
  • Schloss­kir­che:
    Altar und Kanzel, um 1660 (Zuschr.)
    Schnitz­de­kor des ehem. Orgel­pro­spekts, 1645/46 (Zuschr.)
 
Bibliographie
Born­schein 2016 | Falko Born­schein: Der Holz­bild­hauer Johann Andreas Gröber. Ein mit­tel­deut­scher Meister der Barock­zeit, Heilbad Hei­li­gen­stadt 2016.
 
Meyer 1986 | Hans Gerhard Meyer: Ver­zeich­nis der von Andreas Gröber geschaf­fe­nen Werke, in: Hei­mat­blät­ter für den süd-westlichen Harz­rand 42 (1986), S. 52–61.
 
Schimpf 1986 | Franz Schimpf: Nach­rich­ten über den Bild­schnit­zer Andreas Gröber (ca. 1600/10–1662) in Oster­ode und seine Familie nach über­wie­gend Oster­oder Quellen, in: Hei­mat­blät­ter für den süd-westlichen Harz­rand, Heft 42 (1986), S. 44–47.
 
Salz­we­del 1986 | Joachim Salz­we­del: Urkund­li­che Nach­rich­ten vom Schöp­fer des Gos­la­rer Marktkirch-Altars von 1659, Andreas Gröber (in der bis­he­ri­gen For­schung irrig als Andreas Duder bekannt), aus dem Stadt­ar­chiv Goslar, in: Hei­mat­blät­ter für den süd-westlichen Harz­rand, Heft 42 (1986), S. 48–51.
 
 
 
 
                                                                                                                              Autor: Niels Fleck (2018)

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